Zehn Fragen und Antworten: Die Auseinandersetzungen um Unterhalt für studierende Kinder mehren sich. Vielfach herrscht jedoch Rechtsaberglaube darüber, was Eltern leisten müssen und was nicht.
Linz. Die Streitigkeiten um Unterhalt für studierende Kinder häufen sich: Immer öfter nehmen Studenten ihre Eltern (oder einen Elternteil) gerichtlich in Anspruch und strengen umgekehrt Eltern Verfahren gegen die Kinder an, um einer gerichtlich geregelten Unterhaltsverpflichtung enthoben zu werden. Ein Überblick über die Rechtslage anlässlich des herannahenden Semesterbeginns.
1 Wer darf auf Kosten seiner Eltern studieren?
Wenn ein Kind die Matura absolviert und grundsätzlich unterhaltsberechtigt ist, darf es auch studieren. Dies ist vom Bildungsgrad der Eltern unabhängig. Wiederholungen in der AHS oder BHS schaden nicht. Und: Sätze wie „Eltern müssen nur die gleiche Bildungsstufe finanzieren, wie sie selbst haben“ oder „Eltern müssen nur eine Bildungsstufe mehr finanzieren, als sie selbst haben“ fallen unter Rechtsaberglauben.
Auch wenn ein Kind eine BHS absolviert hat und damit eigentlich eine Berufsausbildung hat, ist es berechtigt, unter Aufrechterhaltung seines Unterhaltsanspruchs zu studieren. Auch Kinder, die etwa nach Abschluss einer Lehre die Studienberechtigungsprüfung absolvieren, können mit Unterhaltsberechtigung studieren.
2 Dürfen die Eltern bestimmen, was der Nachwuchs studiert?
Nein. Die Eltern können kein bestimmtes Studium vorschreiben. Wenn aber das Kind ein eher exotisches Studium wählt, darf es sich später nicht darauf berufen, in Österreich keinen Arbeitsplatz zu finden und daher ein weiteres Studium zu benötigen. Deshalb wurde beispielsweise eine gelernte Geigenbauerin auf die Arbeitssuche in der ganzen EU verwiesen.
3 Wie erfolgreich muss man studieren, um Unterhalt beizubehalten?
Voraussetzung für die Fortdauer der Unterhaltsberechtigung ist, dass das Studium ernsthaft und strebsam absolviert wird. Als grobe Richtlinie gilt, dass das Studium in der Durchschnittsstudiendauer absolviert werden muss. Die Universitäten müssen die Studiendauern laufend dem Wissenschaftsministerium melden. Allerdings hat der Oberste Gerichtshof (OGH) bereits mehrfach festgehalten, dass diese Werte keine starren Grenzen sind.
Krankheiten, psychische Belastungen etc. können eine Verlängerung der Studiendauer entschuldigen und die Unterhaltsberechtigung verlängern. Auch ein Studienwechsel in den ersten beiden Semestern ist in der Regel für die Unterhaltsberechtigung unschädlich; ein späterer Wechsel kann die Unterhaltsberechtigung für das neue Studium verkürzen. Allerdings bedeutet dies nicht, dass das studierende Kind jedenfalls zwei Semester überhaupt nichts zu tun braucht.
Auch während des Studiums dürfen keine Leerläufe auftreten: Richtlinie ist, dass in jedem Semester Prüfungen für mindestens die Hälfte der sogenannten ECTS-Punkte positiv absolviert werden müssen, auch wenn das Kind insgesamt noch durchschnittlich schnell studiert.
4 Welchen akademischen Grad müssen die Eltern finanzieren?
Die Unterhaltsberechtigung bleibt nach einem Bachelorstudium auch für ein anschließendes Masterstudium bestehen. Ein Doktoratsstudium berechtigt nur bei sehr gutem Erfolg und einer gewissen Notwendigkeit für das weitere Fortkommen (Universitätslaufbahn) zu weiterem Unterhaltsbezug. Studiengebühren an Privatuniversitäten sind jedenfalls dann nicht von den Eltern zusätzlich zu bezahlen, wenn das Studium an öffentlichen Universitäten absolviert werden kann.
5 Können Kinder verlangen, im Ausland studieren zu dürfen?
Es ist kein ausjudizierter Fall bekannt, in welchem Eltern ein Studium im Ausland finanzieren mussten. Einzelne Semester im Ausland sind dann zu bezahlen, wenn sie für das Studium Voraussetzung sind. Hier kann sogenannter Sonderbedarf anfallen, der im Vergleich zum laufenden Unterhalt zu höheren Zahlungen führt.
6 Gibt es eine Altersbegrenzung für studierende Unterhaltsberechtigte?
Eine Altersbegrenzung gibt es nicht; wenn das Kind später anfängt, ist auch ein Wiederaufleben der Unterhaltspflicht und damit ein späteres Ende der Unterhaltsberechtigung möglich. Dabei gilt: Ein Studium nach vorhergehender Selbsterhaltungsfähigkeit kann die Unterhaltsberechtigung wieder aufleben lassen, wenn eine gute Eignung gegeben ist und ein besseres Fortkommen als wahrscheinlich gilt.
7 Ist ein Einkommen aus Ferialjobs auf den Unterhalt anzurechnen?
Einkommen aus einer Ferialtätigkeit bleibt meistens bei der Unterhaltsberechtigung unberücksichtigt. Das gilt bis etwa 1400 Euro; je geringer das Einkommen der Eltern, desto geringer fällt dieser „Freibetrag“ jedoch aus. Über diesem Betrag ist ein Eigeneinkommen anzurechnen.
8 Woher wissen Unterhaltsberechtigte, wie viel die Eltern verdienen?
In den Fällen, in denen die Vorlage von Einkommensunterlagen verweigert wird und es zum Streit kommt, fordert das Gericht diese Unterlagen an. Legt der unterhaltspflichtige Elternteil diese nicht vor, darf das Gericht sie vom Dienstgeber verlangen, in Ausnahmefällen sogar vom Finanzamt (dann gilt das Steuergeheimnis nicht).
9 Was sagt der Studienbeihilfenbescheid, mindern Beihilfen Unterhalt?
Achtung, der Studienbeihilfenbescheid kann zu Irrtümern führen: Wiederholt haben Kinder deutlich zu viel Unterhalt verlangt, weil sie vom Einkommen der Eltern laut Studienbeihilfenbescheid ausgegangen sind. Doch das Einkommen wird nach dem Studienförderungsgesetz anders als von den Gerichten ermittelt; weil die Einkommenssteuer nicht abgezogen wird, suggeriert der Bescheid ein zu hohes Einkommen. Die Geltendmachung von deutlich zu hohem Unterhalt kann aber Kostenersatzpflicht nach sich ziehen.
Unterhaltspflicht geht im Übrigen der Studienbeihilfe vor. Diese wird bezahlt, weil und wenn die Eltern nicht ausreichend leistungsfähig sind. Somit kann die Studienbeihilfe niemals die Unterhaltspflicht der Eltern mindern. Auch Begabtenstipendien mindern die Unterhaltspflicht nicht, sondern bessern die Geldmittel des Studenten auf. Sogar sogenannte Selbsterhalterstipendien mindern die Unterhaltspflicht der Eltern nicht.
10 Wer zahlt die Gerichtsgebühren und die Anwaltskosten?
In Unterhaltsverfahren für volljährige Kinder ist eine Kostenersatzpflicht vorgesehen. Das heißt: Derjenige, der sich mit seinem Standpunkt zu mehr als 50 Prozent durchsetzt, erhält vom Gegner – je nach Prozessausgang – im Ausmaß des Obsiegens Prozesskosten ersetzt. Der Streitwert und damit die Honorarbemessungsgrundlage ist der auf ein Jahr hochgerechnete strittige Unterhalt: Wird über 500 Euro monatlich gestritten, ist der Streitwert 6000 Euro; wird über 100 Euro Erhöhung oder Herabsetzung gestritten, beträgt er 1200 Euro. Achtung: Rechtsschutzversicherungen decken in erster Instanz solche Verfahren in keinem Fall. Für das unterhaltsfordernde Kind fallen niemals Gerichtsgebühren an. Für allenfalls notwendige Sachverständigengebühren kann Verfahrenshilfe gewährt werden. Das Kind muss diese zurückzahlen, wenn es innerhalb von drei Jahren nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens zu einem ausreichenden Einkommen kommt. Als Richtwert gilt: mehr als 1100 Euro monatlich.